Sonntag, 23. September 2012
Buenos Tardes Companeros,

In den letzten Tagen haben wir wieder viel erlebt. Montevideo ist an sich eine recht schöne Stadt, aber es gibt auch reichlich Armut. Es ist teilweise echt erschreckend, wie manche Menschen hier leben. Außerdem haben Menschen hier ein anderes Zeit-/Pünktlichkeitsgefühl, das dem russlandeutschen sehr nahe kommt. Wenn z.B. der Gottesdienst um 10 Uhr offiziell anfängt, kann man frühestens um halb elf beginnen, weil erst dann genug Leute da sind :D so ist es hier in fast allen Bereichen und Terminen. Mittlerweile haben wir gemerkt, dass die meisten Einheimischen Svens Namen nicht aussprechen können. Manchmal nennen sie ihn "Bens" oder "Sben" , aber die meisten sagen einfach nur "Ven" :D

Am Samstag haben Jojo, Siegfried und ich angefangen den Raum zu renovieren, in den Jojo und ich umziehen müssen, sobald Jordyn aus Kanada kommt. Abends sind wir dann in die Jugend von der Gemeinde gegangen, in der das Missionarsehepaar arbeitet, das Siegfried uns am ersten Tag vorgestellt hatte. Werner und Olga Epp. Geistlich gesehen ist Uruguay das komplette Gegenteil von Europa. Während in Europa die Gläubigen eher ältere sind, sind es in Uruguay überwiegend Jugendliche, die zum glauben finden! Die Jugendstunde ist eigentlich komplett anders herum verlaufen, als bei uns. Erst werden Spiele gespielt und später dann das Thema, wobei man sagen muss, dass das Durchschnittsalter in dieser Jugend bei 15 Jahren gelegen hat. Aber es diente ja auch eher zu missionarischen Zwecken und da freut man sich über jedes Ohr das zuhört. Was uns direkt aufgefallen ist, ist dass die Christen hier viel herzlicher sind als wir das ab und an von Deutschland kennen, was offensichtlich daran liegt, dass durch die Begrüßung mit dem Wangenkuss, dem Kennenlernen eine große Barriere genommen wird. Es gilt allgemein: wenn du irgendwo hingehst, wo andere Leute sind, solltest du jeden begrüßen, der schon da ist..so ist halt die Kultur, deshalb sollte man sich bemühen früh genug zum Gottesdienst zu kommen. Denn wenn man früh genug da ist, kommen alle zu einem ;)
Leider konnten wir vom Thema wieder nicht viel mitnehmen, jedoch haben wir eine andere coole Sache kennengelernt. Wenn man in Uruguay durch die Stadt geht, sieht man an jeder Ecke Menschen, die unter dem einen Arm eine Thermoskanne halten und in der anderen Hand einen Becher, der mir leder überzogen ist. Mate-Tee!!! So gut wie jeder Mensch hier trinkt ihn. Wir habens auch probiert. Schmeckt ähnlich wie schwarzer Tee, in unserem Fall nur bitterer. Generell wird Mate-Tee immer geteilt, das ist auch eigentlich einer seiner Funktionen in der Kultur, hat man uns erklärt. Derjenige, der die Kanne hat, ist dafür verantwortlich, dass der Becher immer wieder gefüllt wird. In der Jugend hatte auch einer den Tee dabei. Der "Füller" geht immer zu jemandem im Raum oder in der Gruppe und bietet ihm den Mate-Tee an. Sagt man ja, bekommt man den Becher und trinkt ihn aus. Anschließend füllt man ihn selbst wieder auf und geht zu jemand anderem und bietet ihm den Tee an. Und so geht es weiter bis der Tee leer ist. Eine sehr lustige Tradition fanden wir.

Sonntag war für uns bis jetzt eindeutig der Tag mit den herausforderndsten und interessantesten Erlebnissen. Siegfried war an dem Tag in zwei Gemeinden zum Predigen eingeladen. Morgens waren wir in einer Mennoniten Gemeinde. Musikalisch war es vergleichbar mit unserer Gemeinde und Jugend. Nach dem Gottesdienst haben wir uns noch mit einem Kerl namens Andres unterhalten, der uns zum Volleyballspielen eingeladen hat, weil die Jugendlichen der Gemeinde jeden Freitag zusammen Volleyball spielen...hach, fast wie daheim ;)
Die Gemeinde, wo wir heute Abend hingingen sei eine Pfingstgemeinde.
Als wir ankamen, beteten einige Gemeindemitglieder vor dem Gottesdienst sich an den Händen haltend in einem Kreis. Einer betete ziemlich laut, während die anderen im Kreise etwas leiser mit beteten. Siegfried sagte ganz trocken (sarkastisch): "So beten die Pfingstler, hm? Gott ist wohl taub!" :D Vor der Predigt gab es einen Lobpreisteil und verschiedene Leute erzählten, was sie so bewegt. Das Singen war sehr anders. Da es in der Gemeinde kein Musikteam gab, hat man einfach Anbetungsmusik von einer CD abgespielt, vergleichbar mit "Feiert Jesus". Die Musik war echt sehr laut, aber die Leute haben mit ganzem Herzen mitgesungen und das kann ich von mir nicht immer behaupten..Das war echt erstaunlich! Vor allem weil der Großteil der Besucher sehr arm war. Die Gemeinde lag auch in einem ärmeren Viertel. Auch wenn es für uns anders war, kann man sich von der Liebe, die diese Menschen zu Jesus haben eine Scheibe abschneiden! Wir sind beeindruckt wie die Gemeinden trotz ihrer unterschiedlichen Ausrichtungen hier zusammen arbeiten.



Am Montag sind wir nach Montevideo Downtown gefahren um Geld zu wechseln. Was sehr witzig, aber auch traurig ist, sind die Leute, die wegen jedem angeblich erbrachten Dienst von dir Geld wollen. Z.B. wollte Siegfried gerade ausparken, als aus irgendeiner Ecke ein Kerl kommt, um ihm beim Ausparken zu dirigieren. Aus Anstand und weil es Gang und Gebe ist gibt man diesen Kerlen ein Paar Pesos. Manche warten sogar vor deinem Auto, bis du zurück kommst und sagen sie hätten darauf aufgepasst. :D
Anschließend haben wir Putzzeug gekauft, um unsere Bude mal ordentlich zu schrubben. Da unsere Wohnung schon länger nicht bewohnt war, war das bitter nötig. Unser Waschbecken und Klo, wechselten die Farben von bräunlich zu weiß :D Und wie glücklich waren wir danach. Schade war nur, dass wir wussten, dass wir bald ausziehen und es aus unserer Sicht fast sinnlos gewesen ist. Egal, Jordyn wird sich freuen ;)

Dienstag und Mittwoch haben wir weiter renoviert. Draußen zu arbeiten war auch überhaupt nicht möglich. Dienstag um 10 morgens fing es an zu stürmen bis Mittwoch um 18 Uhr. Jeden Frühling gibt es hier einen großen Sturm. Man nennt ihn hier "La Sancta Rosa" (Die heilige Rose). So einen heftigen Sturm haben wir schon lange nicht mehr erlebt. Windgeschwindigtkeiten von 150 km/h und der Regen kommt einem so vor als ob der Wind voll mit Wasser ist und ihn überall dran schlägt. Mittwochvormittag waren wir in der Stadt. Die Straßen am Meer waren teilweise überschwemmt und überall lagen rausgerissene Bäume. Den Baum vor unserem Haus hat der Sturm auch einfach umgekippt, aber Gott sei Dank sind unsere Häuser größtenteils trocken und heil geblieben. Heut Morgen ist dann der Strom ausgefallen... Es war kalt, dunkel und wir mussten uns mit ungetoastetem Toastbrot und schwarzen Tee begnügen.

Unser neues Zimmer ist noch lang nicht fertig, weswegen wir wahrscheinlich erst mal mit Matratzen in dem großen Raum schlafen müssen, aber das macht nichts, wir sind meistens eh so müde, dass wir direkt einschlafen. Jeder Tag birgt neue Entdeckungen und Erfahrungen und mit Siegfried zusammen zuarbeiten ist immer richtig lustig. Als Sven einmal etwas gründlicher gemacht hatte als er brauchte und wir es danach trotzdem nochmal auseinanderbauen mussten, sagte er zu ihm:" Du bist ein Esel! Das hast du richtig deutsch gemacht!" :D Mit deutsch meinte er wahrscheinlich gründlich und genau! Wir freuen uns auf das, was noch auf uns zu kommt, was sich alles noch so verändern wird und wie wir uns hoffentlich positiv und geistlich verändern.
Wir vermissen langsam alle in die Deutschland sind, denn so ein Wochenende ohne die gewohnten Leute um sich ist schon komisch, aber wenn wir sehen wie viel es hier noch zu tun gibt, sind wir froh, dass wir noch lange hier sind. Das wars erst mal. Wir melden uns bald wieder. Es ist beruhigend zu wissen, dass so viele von euch an uns denken und für uns beten! Wir tun es auch für euch!!

Astaluego,

Joakin y Ven (Bens,Sben…eigentlich Sven)

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